Wie oft heißt es: „Och der Kleine… Da musst Du nicht so streng sein. Das ist doch gar kein richtiger Hund.“ Kommen euch solche Sätze auch bekannt vor?
Gerade wenn ein Hund als Welpe neu bei seiner Familie einzieht, werden ihm Dinge zugestanden, die bei einem großen, ausgewachsenen Hund völlig inakzeptabel wären. Es wird geduldet, dass er überall rumtapst, aufs Sofa hüpft, Leute anspringt, Dinge ankaut… Wird nun dieser Hund größer, erwachsener und natürlich auch schwerer, ist das plötzlich gar nicht mehr so lustig. Da heißt es dann „Den musst Du mal richtig erziehen. Der muss in seine Grenzen gewiesen werden. Dem musst Du zeigen, wer der Boss ist.“ Und so weiter. Lustigerweise kommen genau diese Sätze meistens von genau den Leuten, die es noch super süß und herrlich lieb fanden und meinten „Och lass ihn doch, der ist doch Zucker…“, als derselbe Labrador in Baby-Größe sie damals angesprungen hat. Witzig, oder?
Finde ich eigentlich gar nicht, wenn ich ehrlich bin. Denn hier haben wir eine ganz typische Ursache vieler Probleme, mit denen ich in meiner Arbeit als Hundetrainerin konfrontiert werde. Ein kleiner Hund wird anders behandelt als ein großer. Punkt. Der muss nicht wirklich erzogen werden. Zur Not kann man den tragen, wenn es brenzlig wird. Oder gleich in eine Tasche packen. Dass oftmals der Kleine der Auslöser der brenzligen Situation ist und wir das Elend durch Hochheben noch verstärken, sehen wir natürlich nicht. Aber warum ist das so und was sollten wir besser machen?
Die grundlegende Abstammung unseres Haushundes ist klar, oder? Freund Wolf hatte da seine Hände oder besser Pfoten im Spiel. Ob Chihuahua oder Labrador – das lässt sich nicht leugnen. Nun wurden verschiedene Rassen gezüchtet und viele unterscheiden sich optisch doch recht sehr. Nun fällt es vielen Leuten bestimmt leichter einen ausgewachsenen Schäferhund konsequent zu erziehen und zu trainieren als einen kleinen Mops. Weil der Kleine doch so winzig und zierlich ist; den will man doch nur knuddeln, liebhaben und hochnehmen. Da darf man doch nicht so streng sein, das Baby (also egal ob 10 Wochen oder 5 Jahre, es ist DAS BABY), nicht dass seine Gefühle verletzt werden.
Unterschiedliche Behandlungen vermeiden
Das Problem an der unterschiedlichen Behandlung kleiner und großer Hunde sehen wir jetzt im Alltag. Wie viele kleine Hunde kennt ihr, denen nachgesagt wird, sie sind garstig, hinterlistige Wadenbeißer, fiese Kläffer…? Bestimmt einige, oder? Und wisst ihr was? Alle vom Menschen dazu gemacht. Eben diese Inkonsequenz macht unsere Hunde zu dem was sie sind. Was bei größeren Hunden dann als besonders störend empfunden wird und wo schon mal eher ein Hundetrainer zu Rate gezogen wird, wird bei kleinen Hunderassen eher missbilligend geduldet. Warum? Weil eben die Auswirkung bei einem kleinen Hund nicht so groß ist wie bei einem großen Vierbeiner.
Anderes Futter für kleine Hunde?
Was ich euch damit sagen will? Behandelt einen kleinen Hund genauso wie seinen großen Verwandten. Er hat das Recht auf artgerechten Umgang, sei es beim Training, im Umgang daheim oder auch beim Futter. Auch ein kleiner Hund ist ein Fleischfresser wie sein großer Artgenosse und mit Rohfütterung wird auch er sich am wohlsten fühlen. Möchtet ihr wie in einer gewissen Hundefutter-Werbung dem Futter noch ein Petersilien-Stängchen oben drauf legen… Meinetwegen, hihi…
Begegnungen zwischen kleinen und großen Hunden
Achtet bei kleinen wie großen Hunden auf kontrollierte Hundebegegnungen. Soll heißen: Ihr habt einen Chihuahua und begegnet einem Golden Retriever. Jetzt nicht einfach die Leine abnehmen. Die klären das schon unter sich, heißt es oft – das stimmt in den meisten Fällen allerdings nicht. Es ist eure Aufgabe, eurem Hund Sicherheit und Schutz zu geben. Wie soll sich denn ein kleiner Chihuahua körperlich gegen einen Golden Retriever zur Wehr setzen? In genau solchen Hundebegegnungen liegt auch oft die Aggressivität und Unsicherheit vieler kleinerer Hunde begründet. Sie werden dem ausgesetzt und müssen sich zur Wehr setzen. Daher wird oft schon am Anfang gekläfft, nicht dass etwas Schlimmeres passiert. Auf Frauchen und Herrchen können sie sich ja nicht verlassen, denkt sich so manches Hündchen. Kleine Hunde sind sich ihrer Körpergröße ja durchaus bewusst. Wie gesagt, bei größeren Hunden ist die Auswirkung einer Eskalation eine andere, da wirkt ein Anspringen schon mehr nach, als wenn ein kleiner Hund beißt oder am Bein hochspringt. Die Ursache ist aber oft die gleiche und dessen müssen wir uns bewusst werden.
Kleine Hunderassen trainieren
Natürlich sollten wir bei der Arbeit mit kleineren Hunderassen etwas vorsichtiger vorgehen und besonders darauf achten, sie nicht umzuwerfen oder auf die Pfötchen zu treten. So etwas ruft schnell ein Meideverhalten beim Hund hervor. Trotzdem können wir einen kleinen Hund genauso ohne Sprache und körperaktiv erziehen wie einen großen. Wenn es um das Bestätigen mit Futter geht, beispielsweise beim Leinentraining, müssen wir uns freilich etwas mehr zu unserem kleinen Hund herunterbeugen. Aber mal ehrlich, der Größenunterschied zwischen uns und dem Mops war uns vor dem Kauf schon klar, oder? Daher müssen wir uns damit arrangieren und es gibt gerade beim Leinentraining einige Möglichkeiten, diesen Unterschied auszugleichen ohne dass wir uns einen Hexenschuss einfangen.
Tricks für das Training
Eine Variante ist zum Beispiel eine alte Suppenkelle, die ihr an eurem Bein nach unten halten und in die ihr die Futterstückchen reinlegen könnt. So kann sich euer Hund für richtiges Verhalten sprich das Laufen bei Fuß selbst bestätigen. Eine weitere Möglichkeit ist die Tube mit Hundeleberwurst. Auch diese reicht ein Stückchen weiter nach unten. Habt ihr einen wirklich kleinen Hund und verfügt über eine längere Bank wie die einer Biertischgarnitur, könnt ihr euren Hund auch gut neben euch auf dieser Bank laufen lassen. So ist er näher bei euch, der Größenunterschied wird ausgeglichen und ihr verrenkt euch nicht.
Und die Moral von der Geschicht´? Konsequenz, Respekt, viel Liebe und Ruhe. Das sind die Grundlagen, mit denen ich jedem Hund begegne. Egal ob groß oder klein. Kleine Hunde möchten sich genauso an ihrem Menschen orientieren wie große und bedürfen genauso einer klaren und strukturierten Erziehung. Stresst sie nicht durch das allseits beliebte Ball werfen. Warum habe ich schon in vorherigen Beiträgen ausgiebig erklärt. Meist sind keine Hunde unheimlich wuselig und oft liegt es daran, dass wir sie einfach machen lassen und nicht konsequent sind. Achtet hier auf gleiche Behandlung, als hättet ihr einen Schäferhund. Akzeptiert bei einem kleinen Hund nichts, was euch bei einem großen Vierbeiner stören würde. Dann steht einem harmonischen Zusammenleben nichts im Weg.